STECKBRIEF

GEBURTSDATUM: 04.01.2003

GRÖSSE: 1,75 m

SPANNWEITE: 1,75 m

GEWICHT: 71 kg

NATIONALITÄT: deutsch

WURFHAND: rechts

TEAM: Lion Pride Braunschweig

SCHULE: Marienschule Hildesheim

OFFENSIVE ROLLE: P&R Ballhandling / Shot Creation / Off-Ball Shooting / Transition-Anführerin / Offensive Rebounding

DEFENSIVE ROLLE: Ballhandler Defender / aktive Help-Verteidigerin / Steals am Ball und in den Passwegen / Defensive Rebounding

Sample: alle FGA von Franka Wittenberg bei der U16-EM 2019

  • Franka Wittenberg ist eine äußerst aktive Verteidigerin in der Helpside. Permanent passt sie ihre Position zwischen Ball und direkter Gegenspielerin an, um peripher möglichst viel sehen und darauf reagieren zu können. Mit 1,75 m ist sie keine Ringbeschützerin, forciert in der Helpside und in der Safety aber viele schlechte Abschlüsse und Turnover, indem sie einfach im Zylinder bleibt. Durch gute Antizipation deflectet sie Anspiele. Ab und an sinkt sie zu weit in die Helpside ab und ist dann vor herausfordernde Closeout-Situationen gestellt.
  • Prinzipiell kann Franka die beste Scorerin eines Teams aus dem Spiel nehmen. Die Litauerin Justė Jocytė – heute beim französischen EuroLeague-Team ASVEL Féminin – wurde vom deutschen Team bei der U16-EM im Sommer 2019 knapp fünf Punkte unter ihrem Punkteschnitt gehalten. Bedanken durfte sich das Team dafür insbesondere bei Franka, die Jocytė in den direkten Duellen bei miesen Quoten hielt. Von Beginn an spielte sie eine enorm physische Defense gegen Litauens Nummer 1, beinahe in Full Deny, und erschwerte ihr mit guten Closeouts und hochfrequentiger Fußarbeit so manchen Wurf. Mit dieser anspruchsvollen Defensivaufgabe vertraut zu werden, schien Franka eine willkommene Challenge zu sein.
  • Picks und Screens können ihr zwar zusetzen und ihrer Gegenspielerin Vorteile verschaffen, doch ist sie immer wieder in der Lage, sich durch diese zu kämpfen und erneut vor ihre Gegenspielerin zu gelangen.
  • Bei der U16-EM gefiel Franka als Leaderin durch lautstarke Kommunikation. Vor allem defensiv gab sie ihren Teammates viele Kommandos, um z. B. Switches zu organisieren. 
  • Ein großes Plus generiert Franka am offensiven Brett, wo sie im Schnitt etwa zwei Rebounds einsammelt, bei der Nachwuchs-Europameisterschaft sogar knapp zweieinhalb. Ihre hervorragende Antizipation hilft ihr dabei. Vor allem von der Weakside sucht Franka immer wieder den Weg zum offensiven Rebound, setzt aber auch nach eigenen Fehlwürfen häufig nach. Oft generiert sie so Second Chance Points, Fouls oder Sprungballsituationen. Auch gegen größere Gegenspielerinnen greift sie regelmäßig Offensivrebounds.
  • Schon allein wegen ihrer Energie und ihres Hustles muss man Franka aufstellen. Läuft es spielerisch einmal nicht ideal, kann sie prinzipiell immer mit ihrer aggressiven Spielweise Einfluss zugunsten ihres Teams nehmen. Deflections, erzwungene Sprungballsituationen oder umkämpfte Rebounds sind charakteristisch dafür. Ihre Körpersprache ist bestärkend für ihre Teammates: Konsequent sucht sie High Fives und zelebriert gelungene Aktionen euphorisch. 
  • Auch offensiv trägt sie abseits des Balles viel Gutes bei. Wer unseren Report über Frieda Bühner kennt, weiß: Cuts müssen weh tun! Franka läuft Cuts und rennt durch Screens und fügt der Defense damit durchaus Schmerzen zu. Sie füllt entstandene Lücken gut auf, vor allem außerhalb der Dreierlinie, von wo sie vielseitig attackieren kann. 
  • Closeouts und die Bekämpfung des Pick and Roll liest sie bereits gut und kreiert daraus Vorteile für sich und ihr Team. Ihr Entscheidungsverhalten beim Drive wirkt so, als könne sie das Spiel für sich ausreichend verlangsamen, um bestmögliche Entscheidungen zu finden. Mit ihrem Hesitation Move kann sie sich genügend Zeit zur Entscheidungsfindung verschaffen. Dabei kann Franka auch aus Dribble Handoffs effizient attackieren und sogar Behind the Backs, Spin Moves oder Stepbacks  in ihre Drives einbauen. Ihre offensiven Bewegungen erwecken den Eindruck der spielerischen Leichtigkeit und erinnern positiv an Streetball Skills. Hier findet ihre Erfahrung im und Affinität zum 3×3 ihren Ausdruck.
  • Nicht nur im Halbfeld, sondern auch in der Transition Offense sind Frankas Entscheidungsverhalten und Handlungsschnelligkeit von Vorteil für ihr Team. Entweder bringt sie den Ball selbst Coast to Coast (oft nach eigenem defensivem Rebound) oder sie besetzt die Flügelspuren und sorgt abseits des Balles für Gefahr. Dabei tritt sie furchtlos vor der Safety auf und sucht den direkten Weg zum Korb. Im Fastbreak kommt auch ihre Begabung für präzise (einhändige) Pässe zur Geltung.
  • Als Ballhandlerin profitiert Franka von ihren Passfähigkeiten und ihrer Spielübersicht. Gern bewegt sie den Ball sowohl aus dem Dribbling als auch direkt nach Ballerhalt schnell und präzise zur besser postierten Mitspielerin. Vor allem bei der U16-EM initiierte sie immer wieder Pass-Staffetten und sorgte so für offene Looks. Insbesondere für den Extrapass aus der Corner hoch auf den Flügel hat sie ein feines Gespür. Daher sind ihre Counting Assists auch geringer, als man zunächst vermuten würde.

  • Um aggressive Verteidigung am Ball zu kontern, sind leichte Pushes mit dem Unterarm eine Option. Mit diesem Kniff konfrontiert, könnte Franka noch stabiler und cleverer reagieren. Zwar kann sie die so entstandenen Würfe oft noch erschweren, aber vor allem größere Gegenspielerinnen werden ihren Wurf über sie dann doch los. Ein Lösungsansatz? Den immensen Hustle nutzen, um Charges zu provozieren.
  • Frankas Spiel lebt sehr von ihrer körperlichen Verfassung. Ist sie in diesem Bereich nicht bei 100 %, leidet vor allem ihre laterale Geschwindigkeit und sie kann vielen Drives nichts entgegensetzen außer ihre Hände – was gleichbedeutend mit einem Foul ist.
  • Ihrem jungen Alter geschuldet, kann Franka noch eine bessere Balance zwischen Hustle und Cleverness schaffen. Oft stiehlt sie in unübersichtlichen Situationen den Ball, um ihn wenige Sekunden später wieder durch Fehlpässe oder Schrittfehler zu verlieren. Hier kann sie aus der guten defensiven Aktion heraus perspektivisch sicherlich bessere Entscheidungen treffen und das Spiel z. B. beruhigen, wenn es notwendig ist. Ihr gutes Gespür für Räume sollte genügen, um fortan noch mehr Bälle in den Passwegen zu klauen, als Steals am Ball zu erzwingen, um sich dann überspielen zu lassen.
  • An der Dreierlinie und im Pick and Roll sollte Braunschweigs Nummer 77 noch konsequentere Entscheidungen und den direkteren Weg zum Korb suchen. Sie ist eine Perimeter-Gefahr und sollte das die gegnerischen Verteidigungen häufiger spüren lassen. Ihren Dreier trifft sie in der laufenden Zweitligasaison zwar nur mit 30%, jedoch bei äußerst geringer Sample Size. (Stand: 1. Februar 2020) Gegnerische Coaches sollten ihre Spielerinnen deutlich darauf hinweisen, dass Franka von Downtown sehr gefährlich werden kann. Ihren technisch sauberen Wurf, gepaart mit ihrem Ballhandling, ihren Drives und ihrer Spielübersicht, kann sie noch zielführender nutzen, um die Defense zu manipulieren. Hier bedarf es konstant schneller, klarer Entscheidungen für die eigene Shot Creation und die der Mitspielerinnen. Die Hesitation nach dem Aufnehmen des Dribblings ist ihr Signature Move, doch sollte sie noch besser erkennen können, wann das Zögern ihr sogar zum Nachteil gereicht, weil z. B. eine Helpverteidigerin dadurch überhaupt erst die Zeit zum Reagieren erhält.
  • Fraglich ist noch, ob Franka das Pick and Roll auf Profi-Niveau variabel genug gestalten kann. Ihre Floater fallen bislang eher mit Glück, Pullup Jumper sind noch keine gefährliche Waffe. Will sie im Profi-Bereich eine dominante Ballhandlerin sein, muss sie eine Drop Defense auch mit Würfen aus dem Dribbling oder einem zuverlässigen Floater bestrafen können. Wie schmerzhaft es ist, darauf nicht adäquat reagieren zu können, musste jüngst das A-Nationalteam bei den erfolglosen EM-Qualifikationsspielen spüren.

  • Im Vorrundenspiel gegen Litauen bei der U16-EM 2019 war eine Situation sinnbildlich für Frankas Potential: In der Crunchtime stahl sie einen Inbound am gegnerischen Korb, weil ihre Gegenspielerin sich nicht zum Ball bewegte – ein Steal mit spielentscheidender Bedeutung. Coach Stanisauskas stand direkt daneben und winkte nur ab, weil er wusste, dass Franka Wittenberg seinen Star weitestgehend aus dem Spiel und damit riesigen Impact genommen und Deutschland zum Sieg geführt hatte. 
  • Franka kanalisiert ihre Freude am Basketball in unbändigen Einsatz an beiden Enden des Feldes. Gepaart mit ihrem Gespür für offensives und defensives Spacing, ihrem Spielverständnis und ihrem vielseitigen Skillset, kann sie zu einer singulären Spielerin reifen. Ist sie bei bester Fitness, könnte sie auch auf internationaler Bühne viel Einfluss auf das Spiel nehmen. Sowohl Coaches als auch Spielerinnen wollen eine solche Spielerin in ihrem Team haben. Uneitel macht sie andere besser, ohne zu uneigennützig zu spielen. Vieles, womit sie für den Unterschied sorgt, taucht nicht im Boxscore auf.