STECKBRIEF

GEBURTSDATUM: 04.08.2004

GRÖSSE: 1,60 m

SPANNWEITE: 1,59 m

GEWICHT: 47 kg

NATIONALITÄT: deutsch / spanisch

WURFHAND: links

TEAM: Dillingen Diamonds

SCHULE: IOC

OFFENSIVE ROLLE: Transition Playmaking / Advantage Extension

DEFENSIVE ROLLE: Point of Attack / Off-Ball-Klette

  • Ein Doppelname ohne Bindestrich – dahinter verbirgt sich im Fall von Lisa Lorenz Conrotto eine saarländisch-katalanische Familiengeschichte. Die unkomplizierte und zurückhaltende 17-Jährige warf sich bereits in der Saison 2020/21 auf unseren Radar, als sie gegen Schwabach ein frühes Breakout-Spiel hinlegte. Im Saarland beeindruckte sie vor einigen Jahren während eines Feriencamps mit ihrem unter Gleichaltrigen singulären Ballhandling. Aus ursprünglich einer Saison – Ziel war die Verbesserung ihrer Deutschkenntnisse – wurde ein längerer Aufenthalt an der Saar. Das kleinste deutsche Flächenland erwehrt sich nicht gerade eines Andrangs Basketball spielender Mädchen, wodurch Lisa eine gezielte Förderung sowie Erfahrungserwerb in der 2. DBBL zuteil werden kann. In der Zusammenarbeit mit Coach Rouven Behnke genießt sie einen Vertrauensvorschuss. Sein Wissen um Lisas Skills und ihr Potenzial lässt ihn aber auch sehr direkt und fordernd mit seiner #20 kommunizieren. Lisa, die nach Fehlwürfen und Fehlern noch zu oft mit sich hadert, kann damit umgehen und versteht, dass ihr Coach ihr letztlich bei der Entfaltung ihres Potenzials helfen will. Dazu zählt unter anderem, sich ohne charakterliche 180°-Wende zu einer Guard zu entwickeln, die ihre Zurückhaltung in den richtigen Momenten aufgibt und ihr Team  anführen kann.
  • Aus der Perspektive eines gegnerischen Coaches oder Scouts würden wir Lisa wegen ihrer geringen Körpergröße vermutlich sofort als defensive Schwachstelle identifizieren. Wir würden unseren Backcourt in den Minuten, in denen sie auf dem Parkett steht, größer aufstellen und/oder das Matchup so jagen, dass wir unsere Spielerinnen in jeder Possession gegen sie in den Post schicken könnten. Die Folge wären einfache Fouls und Scores oder Double Teams, die bei guter Execution zu freien Würfen für andere Spielerinnen führen würden. Ginge ein korbnaher Abschluss einmal daneben, hätten wir dank der Größenvorteile beste Chancen auf eine zweite Chance. Soweit der Konjunktiv. Der Indikativ der abgelaufenen Saison, also die Matchpläne der gegnerischen Teams, sahen diese Attacken schlichtweg nicht vor. Deswegen können wir uns darauf konzentrieren, Lisa als „super Verteidigerin“ (Zitat ihres Coaches) zu beschreiben, die vor allem von ihrem lateralen Tempo profitiert. Sie ist „unangenehm klein“, hat flinke Hände und kann Bälle stehlen oder deflecten, wo andere Spielerinnen ihre Knie haben. Mit ihrem defensiven Tempo kann sie am Ball potenziell jede Spielerin vor sich halten. Auf der Koordinationsleiter, so wurde uns berichtet, könne man „ihre schnellen Füße gar nicht sehen.“ Abseits des Balls fehlt ihr zwar noch ein wenig Cleverness im Stellungsspiel, doch sie kämpft sich bereits wie eine Klette um Screens, von denen sie kaum zu treffen ist. Insgesamt begeht Lisa relativ wenige Fouls.
  • Die Transition gehört zu Lisas größten offensiven Stärken. Nach Inbound, Steal oder defensivem Rebound schaltet sie sofort um. Sie kann Überzahl-Situationen schnell und gut lesen und sie mit feinem Timing für den Pass auflösen oder selbst abschließen. Besonders gefährlich ist sie in der zweiten Welle. Sie erkennt nicht nur, wann ein Fastbreak vorübergehend abzubrechen ist, sondern sucht sich dann entweder ein Matchup für ein 1-on-1 oder findet die bereits aufpostende Big, die auf der Korb-Korb-Linie gesprintet war. Ihr Transition Playmaking lässt das Spiel der Diamonds auf besondere Weise funkeln …
  • … und das kann gegnerischen Teams nicht gefallen. Sie suchen deswegen nach Mitteln, Lisas Tempo zu drosseln. Wird sie in den langsamen Ballvortrag gezwungen, reagiert sie häufig recht sicher. Sie schirmt den Ball ab und hat den Kopf fast immer erhoben. Ihre Richtungs- und Tempowechsel provozieren im Rückfeld den ein oder anderen Call.
  • Im Vorfeld wiederum sind ihre teils atemberaubenden Skills am Perimeter nicht mehr zu verteidigen. Mit Handles und einem schnellen ersten Schritt kann sie quasi jede Verteidigerin aussteigen lassen. Bleibt einmal eine bis zum Zonenrand auf Hüfthöhe, packt Lisa eine Hesitation oder einen weiteren Richtungswechsel aus, der das 1-on-1 endgültig für sie entscheidet. Den Weg zum Korb kann sie finden, packt aber auch gern einen Stepback oder Floater aus, um Abstand zur meist größeren Verteidigerin zu schaffen. Ihre furchtlose Mentalität als Ballhandlerin und ihre Skills erinnern an Streetball. Bei NSR Evolution wird sie als „Mikrowelle“ bezeichnet, die das Spieltempo erhöhen und sich ihren eigenen Wurf kreieren kann. 
  • Bei Pick-and-Rolls sowie Pick-and-Pops liest Lisa die gegnerische Defense bereits recht gut und kann sowohl ihre Teammates in Szene setzen als auch den eigenen Abschluss nach Nutzung des Picks forcieren. Hier profitiert sie von ihrem ausgeprägten Basketball-IQ und ihrem Ballhandling. Ihr Gespür für richtige Passwinkel zeigt sie bei Wing-to-Post-Pässen, die von ihren Mitspielerinnen gern für korbnahe Abschlüsse genutzt werden. Da sie nach Ballerhalt am Perimeter sehr gut erkennt, dass und wann ein Pass weiterzuleiten ist, vergrößert sie die von anderen erspielten Vorteile für Open Looks.

  • Wenn Lisa sich in der Defense schlagen lässt, liegt das daran, dass sie sich in Positionen begibt, wo sie ihre laterale Geschwindigkeit und ihre flinken Hände gar nicht mehr regelkonform einsetzen kann. Dann steht sie entweder zu nah an einer Ballhandlerin, die ihr erstes Dribbling noch gar nicht aufgenommen hat oder sie läuft ein schlechtes Closeout, sodass sie auf dem falschen Fuß attackiert werden kann. Hier und da spekuliert sie zu sehr auf Steals im Passweg und ist dann nicht mehr in der nötigen Balance, um z. B. einen Wurf zu contesten.
  • Lisas starkes Transition Playmaking weist zudem noch ein paar Baustellen auf. Ihre Pässe über längere Distanz müssen härter und präziser werden, was als eines der zentralen Ziele für die individuelle Arbeit der laufenden Offseason definiert wurde. Lange Pässe nach Ballerhalt am eigenen Korb sind bislang kaum von ihr zu sehen. Sie wären aber eine ungemein wichtige Addition zu ihrem Skillset – also ab in den Kraftraum! Zudem sollte sie das Dribbling mit der Innenhand dem mit der Außenhand vorziehen, um leicht versetzt von der Korb-Korb-Linie Druck auf die Defense auszuüben. Das macht das Helfen schwerer und schafft Platz für mitlaufende Teammates.
  • Auch in der Halbfeld-Offensive leidet Lisas Spiel darunter, dass sie noch keine wirklich gute Passerin ist. Sie wird nie über die Spielerinnen in der Zone hinwegschauen und dann einen gepfefferten Lina-Falk-Katapult-Pass spielen können. Perspektivisch muss sie jedoch ihre Nische für smarte Pässe im richtigen Winkel und zum richtigen Zeitpunkt finden. Zu dieser Entwicklung gehört auch Beidhändigkeit – gegenwärtig ist Dillingens #20 noch zu sehr auf ihre linke Hand angewiesen. Unterm Strich generiert sie aktuell zu wenige Vorteile aus ihrem überragenden Ballhandling, weil sie die Zone nicht aggressiv genug attackiert und damit zu wenige Helpside-Verteidigerinnen aktiviert. Kickt sie den Ball etwa von der Freiwurflinie in die Corner, sind diese Pässe oft zu lasch und/oder lassen der Verteidigerin abseits des Balles genügend Zeit und Raum, wieder zu recovern. Lisa ist in diesem Moment keine authentische Bedrohung für den Korb – warum sollte also geholfen werden? Prinzipiell ist sie in der Lage, Überzahl-Situationen im Halbfeld zu lesen, doch noch mangelt es ihr an Execution, um entsprechend initiieren zu können. Sie ist in diesem Bereich anfällig für Fehlpässe und andere Turnover. Daher bleibt sie vorerst eine Score-first-Guard, die für das, was sie eigentlich mit dem Ball kann, zu wenige Vorteile produziert. Auch ihren Teammates geht diese offensive Komponente weitestgehend ab. Gerade deswegen muss Lisa mit ihrem bei den Diamonds einmaligen Ballhandling diejenige sein, die eine Dimension von Advantage Creation ins Offensivspiel bringt. Ein Mittel könnten mehr Attacken aus Dribble Handoffs sein, bei denen sie ein oder zwei Picks nutzt, um nach Abschütteln der Gegenspielerin die Zone attackieren und die Überzahl ausspielen zu können.
  • Doch auch ohne den Ball in ihren Händen sollte Lisa noch mehr in den Attack-Mode schalten. Die Diamonds-Offense sieht einige Automatics und Reads vor, ist abseits des Balles aber recht statisch. Dabei hat Lisa das für erfolgreiche Cuts entscheidende Werkzeug bereits in ihren Beinen: Ihr Tempo könnte ihr gewiss einige korbnahe Abschlüsse im Spiel verschaffen, wenn sie sich im richtigen Moment von der Gegenspielerin lösen und zum Korb cutten würde. Gerade bei den bereits eingeforderten Handoffs lässt sich eine Verteidigerin Backdoor schlagen, wenn sie die Ballübergabe überspielt bzw. zu stark in die Deny geht. Lisa ist eine intuitive Zockerin und sollte perspektivisch im Stande sein, Gelegenheiten für Schneidebewegungen zu erkennen. ¡El corte hay que hacer daño!
  • Lisas bislang inkonstanter Wurf ist ein Feld, das sie mit ihren Coaches konsequent und konstant bearbeitet. Sie kann im richtigen Mood sowohl aus dem Stand als auch aus der Bewegung eine gute Werferin sein und genießt Luz verde. Ihre Wurfauswahl ist akzeptabel, doch weil die Bewegung insgesamt nicht harmonisch ist (auch nicht beim Freiwurf, d. h. im Stand), kommt am Ende auch einmal der ein oder andere Airball heraus.

  • „Die Diamonds zeichnen sich durch familiären Umgang zwischen Verantwortlichen, Helfern, Spielern und ihren Fans aus. Was uns […] besonders am Herzen liegt: Die Entwicklung und der Erfolg unserer regionalen Talente. Zahlreiche Jugendspieler konnten schon frühzeitig in unsere aktiven Mannschaften integriert werden.“ In diesem Umfeld wirkt Lisa Lorenz Conrotto gut aufgehoben, um sich persönlich und als Athletin bestmöglich zu entwickeln. Sie kann in der Sportakademie täglich trainieren, einen Kraftraum nutzen und sich in der WNBL und der 2. DBBL mit Gleichaltrigen und Seniorinnen messen. Teilweise durfte sie auch schon beim Erstliga-Team der Saarlouis Royals mittrainieren.
  • Um im professionellen Basketball mittel- und langfristig Fuß fassen zu können, muss Lisa ihre Athletik so gut wie möglich verbessern. Auf der Wippe zwischen Genie und Wahnsinn können die genialen Momente konstant überwiegen, wenn sie über die gesamte Zeit ihrer Stints produziert und sorgsam mit dem Spielgerät umgeht. Aussetzer beim Ballvortrag im Rückfeld müssen abgestellt und physische Kapazitäten zum Gegenhalten aufgebaut werden. Nicht zuletzt bedarf es der Veredelung ihrer überragenden Handles in echte Vorteile (einfache Scores, Durchstecker oder Kickouts für freie Würfe) sowie aggressiver Attacken abseits des Balles.
  • Zur Illustration unserer Vision von Lisa greifen wir ausnahmsweise auf einen konkreten Namen zurück: Rui Machida von den Washington Mystics besitzt über eine ähnliche Körpergröße wie Lisa und wird dadurch immer einige Nachteile auf dem Spielfeld in Kauf nehmen müssen. Sie gleicht diese durch Cleverness, Giftigkeit in der On-Ball-Defense und Skills aus. Wie sie den Ball in der Transition blitzschnell übers halbe Spielfeld passt, darf gern zur Blaupause für Lisa werden. Machida ist ein spannender Pass-first-Guard, kann sich aber auch ihren eigenen Abschluss kreieren sowie freie Würfe einnetzen. ¡Adelante, Lisa!