Seit dem Tip-Off der Saison reitet der Vorjahresvierte aus Valencia auf einer Erfolgswelle. Das Team um WNBA-Veteranin Rebecca Allen (New York Liberty), die in Spanien zum Teil spektakuläre Leistungen abliefert, sammelte in neun Spielen neun Siege. Das gelang neben der Truppe in den orangefarbenen Jerseys nur EuroLeague-Teilnehmer CB Perfumerías Avenida.
Einen nicht unwesentlichen Teil zum Erfolg trägt auch Marie Gülich bei. Für die 26-Jährige ist die malerische Stadt an der Ostküste Spaniens nach den Spielzeiten im Trikot von Reyer Venezia (Italien) und Arka Gdynia (Polen) die dritte Station in Europa.
Die Absolventin der Oregon State University, die zuletzt bei den Los Angeles Sparks ihre dritte WNBA-Saison absolvierte, zählt zu den defensiv stärksten Bigs der Liga Endesa Femenina. Dabei geht der Impact auf dieser Seite des Courts über klassische Block- und Steal-Zahlenspielereien hinaus. Immer wieder macht die Centerin Würfe ihrer Gegnerinnen schwer, liest das Spiel in der Defense gut und reagiert schnell. Steht die Linkshänderin, die sich ein beidhändiges Finishing angeeignet hat, auf dem Parkett, braucht sie selten viel Eingewöhnungszeit.
Für Valencia legt die deutsche Nationalspielerin bisher nahezu den gleichen Punkteschnitt wie in der letzten Saison in Europa auf. 9,4 Zählern in der LFE stehen 9,5 Punkte in der polnischen Basket Liga Kobiet und 9,3 in der EuroLeague gegenüber. Auffällig: Aktuell sieht Marie Gülich weniger Spielzeit als vor einem einem Jahr: 17,9 Minuten in der LFE vs. 21,2 in der BLK und 25,8 in der EuroLeague. Jede Minute in Europa ist aber wichtig, um Spielpraxis zu sammeln. In der „Wubble“ kam die 2018 gedraftete Spielerin jüngst für die Los Angeles Sparks auf zehn Bank-Minuten. Aufgrund der meist drückenden Überlegenheit im nationalen Wettbewerb gewährt Coach Rubén Burgos seinen Spielerinnen ausgeglichene Einsatzzeiten, vor allem die jüngeren Athletinnen wie Raquel Carrera stehen häufig auf dem Parkett. Im EuroCup dürfte jedoch die Erfahrung von Marie ein für sie günstiger und auch ausschlaggebender Faktor sein.
Beim Blick auf die Abschlüsse aus dem Feld (8,7 pro Spiel) zeigt die Kurve dagegen leicht nach oben. Darunter leidet die Effizienz etwas: Nach den bisher acht Einsätzen hat sich das True Shooting bei rund 50% eingependelt – in Gdynia waren es in beiden Wettbewerben fast 60%. Ein eher seltener Gast ist die Nationalspielerin an der Freiwurflinie (nur 1,1 Freiwürfe pro Spiel).
Eine der großen Stärken der in den USA „Gulitsch“ gerufenen Spielerin ist ihre sehr gute Fußarbeit. Mit Fakes stellt sie die Konkurrenz im Post immer wieder vor Herausforderungen. Dazu kommt ein guter Spin zum Korb, bevorzugt zur linken Hand. Im Post und nach dem Pick-and-Roll schließt Valencias Nummer 21 sicher ab – hin und wieder auch mit einem sehenswerten Fadeaway.
Noch häufiger könnten die eigentlich brauchbaren Würfe aus der Mitteldistanz zu sehen sein. Jenseits des Perimeters setzte die Centerin in acht Spielen nur dreimal zum Wurf an, traf aber ihren ersten Dreier seit der 2019er-WNBA-Saison mit den Atlanta Dream. Damals zeigte sie eine neue Facette ihres Spiels, als immerhin 8 von 25 Versuchen von Downtown im Korb landeten.
Derzeit ordnet sich Marie Gülich in einem stark besetzten EuroCup-Team als Rollenspielerin unter. Engagierte, disziplinierte Defense und zuverlässige Abschlüsse in der Offense – genau das werden auch WNBA-Teams in Zukunft von ihr verlangen.
In Spanien dürfte die Centerin aber auch noch die Gelegenheit bekommen, Spielen einen größeren Stempel aufzudrücken. So wie zum Saisonauftakt, als gegen Casademont Zaragoza in 22 Minuten 15 Punkte im Boxscore auftauchten. Dazu kam eine Szene, die sehr viel über den Charakter der Defensivspezialistin aussagt. Nicht mehr als 16 Sekunden dauerte die Sequenz: Zuerst klaute die Deutsche den Ball in der eigenen Hälfte und legte diesen auf der anderen Seite in den Korb. Einen Wimpernschlag später folgte auf der Gegenseite der umjubelte Block.